Man möchte also weg vom „umweltbelastendem Ballermann Sauftourismus“. Wenn man von etwas weg möchte, möchte man ja auch woanders hin. Also weg vom Sauf- und Massentourismus, hin zum Qualitätstourismus. Auch die Präsidentin des mallorquinischen Inselrates, Catalina Cladera, wird nicht müde zu betonen, dass sich das Wirtschaftsmodell vom massiven Tourismus wandeln müsse zum Qualitätstourismus. Doch wer damit eine bessere Ökobilanz, eine grünere Insel und mehr Einkommen für die Insel meint, ist auf dem Holzwege.
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Was bitte ist das?
Oft gehen wir mit Wörtern inflationär um. Sie werden ge- und benutzt, und zwar so lange, bis wir nicht mehr hinterfragen: „Was ist damit eigentlich gemeint“. So ergeht es mir mit dem Wort „Qualitätstourismus!“ Was bitte soll das sein? Was die mallorquinische Regierung damit meint ist klar: „ Adios Ballermann y bienvenidos Golfurlauber, Yachtclub-Rumsitzer und 5 Sterne Plus Urlauber!
Prosecco vs. Dosenbier
Der Begriff „Qualität“ ist immer an einen Betrachter gebunden! Qualität ist NICHT der Preis für eine bestimmte Leistung. Was dem einen sein Prosecco für 11,90 Euro am Yachthafen von Puerto Portals ist dem anderen seine 1 Euro eiskalte Dose San Miguel auf der Mauer an der Playa. Subjektiv und am eigenem Wohlfühl- und Glücksfaktor gemessen, dürfte die Qualität bei beiden gleich hoch sein.
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Zu den Anfängen des Qualitätstourismus
Bemühungen der Inselregierung, einen Qualitätstourismus einzuführen ist nicht neu. Über Jahrzehnte, seit Beginn der 70er Jahre, lebte man wunderbar vom Massentourismus. Doch Ende der 80er Jahre blieben die Massen plötzlich aus. Hohe Inflationen in den Zielländern und ein starker, teurer Peso sorgten für eine Pause bei den „Ballermännern“. Dies war der Beginn der Überlegungen, wie man Erträge aus dem Tourismus erhalten, zugleich aber auch die Ballermannisierung Mallorcas verhindern könne. Einen Ausweg sollte das Prinzip „Klasse statt Masse“ bieten und der Qualitätstourismus war geboren.
Klasse statt Masse
Die Zielgruppe des Qualitätstourismus sind nicht mehr die „Neckermänner“, die Pauschaltouristen, sondern möglichst gutbetuchte und anspruchsvolle Gäste. Entsprechend hochwertig und teuer die neuen Angebote: Golfplätze, Yachthäfen und Zweitwohnsitze. Ebenso wie Luxus-Hotels und Schickimicki Gastronomie. Verkauft wurde das Ganze mit dem Slogan: „Klasse statt Masse – Unsere Insel soll grüner werden“ Und hier liegt der Hase im Pfeffer begraben. Der Qualitätstourismus, so wie er umgesetzt wird, hat mit Nachhaltigkeit und einer grünen Insel nichts zu tun. Die massentouristischen Zentren eignen sich nur begrenzt für einen Qualitätstourismus, so wie Mallorca ihn sich vorstellt. Abgesehen von „Aufhübschungen“ einiger Bars und Restaurants (Siehe Playa) ist hier schnell das Ende der Fahnenstange erreicht. Also greift man zwangsläufig auf noch nicht erschlossene und bisher verschonte Gebiete zurück.
Gefahr für die Ökologie
Der Maritime Tourismus mit seinen schicken, neuen Yachthäfen, mit Molen die weit ins Meer hineinragen, hat schon fast zerstörerisches Potential in den Meeres- und Küstenökosystemen. Der Golftourismus- sowie die Erschließung des natürlichen, traditionellen Landesinneren zum Bau von Zweit- und Ferienwohnsitzen lassen den Landschaftsverbrauch, den Wasserbrauch und die Zerstörung traditioneller Ökosysteme ins Exorbitante steigen.
Mehr Qualität, mehr Ertrag?
Der Begriff „Qualität“ bezieht sich für die Regierung und die Verantwortlichen Mallorcas definitiv nicht auf die Berücksichtigung der Ökologie, sondern einzig und allein auf Prestige, Finanzkraft und Status. Hauptsache weg vom Image des Sauftourismus. Doch wer die Ökologie außer acht lässt..zahlt! Es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass Mallorca durch den Qualitätstourismus einen höheren Ertrag erwirtschafte. Nur weil die Menschen jetzt höhere Ausgaben an ihren Golfplätzen, Yachthäfen und 5 Sterne Plus Luxury Hotels haben. Mitnichten!
Kein Verhältnis
Zum einen stehen die vordergründigen, aus dem Qualitätstourismus zu erwartenden Erträge in keinem Verhältnis zu den tatsächlich fließenden Entstehungskosten von Golfplätzen, Hafenumbauten und der Vernichtung von Lebensraum in der Inselmitte. Zum anderen erzielt der Massentourismus deutlich höhere Einnahmen bei gleichzeitig viel geringerem Landschaftsverbrauch. Der pure Massentourismus ist aufgrund seines kleinen Raumes eindeutig umweltverträglicher als die mallorquinische Vorstellung vom Qualitätstourismus. Einem Tourismus, der landschaftlich und ökologisch zerstörerisches Potential besitzt und daher auch ein sehr hohes ökonomisches Schadenpotenzial trägt. Und daher: Der Ballermann ist der bessere Qualitätstourismus!
Prost Rolex-Heini
Könnte ich, so würde ich Mallorca den Rat geben: Lasst die Insel grün, lasst die schöne Landschaft schöne Landschaft sein und hört auf einen angeblichen Qualitätstourismus über ganz Mallorca auszuschütten mit der Botschaft der Nachhaltigkeit. Wertet bestehende Touristenzentren auf und ja, auch an der Playa dürfen gerne 5 Sterne Hotels stehen. Das dies funktioniert zeigt die Gegenwart. Hier haben sowohl der Adilettenträger als auch der Rolex-Heini gemeinsam Platz. Und es spricht nichts dagegen, dass man sich gemeinsam zuprostet. Der eine mit Prosecco, der andere mit der Dose San Miguel. Denn wir alle sind nur zu Gast auf einem der schönsten Fleckchen der Erde und dies alleine ist Qualität genug.